(9. August 2021) Westerheim - Dorferneuerung – oftmals nur als Förderinstrument für öffentliche Baumaßnahmen geläufig, kann aber auch Maßnahmen privater Bauherren unterstützen. „Gebäude, Hofräume und Gärten prägen auch das Gesicht der Dörfer“, so Bauoberrat Manuel Weigele vom Amt für Ländliche Entwicklung Schwaben. Auf zwei gelungene Förderprojekte weist der Experte in Westerheim hin.
Das landwirtschaftliche Anwesen von Petra Weissenhorn war über 100 Jahre alt. Das Gebäude wies einen erheblichen Renovierungsstau auf. Die Fenster waren zum überwiegenden Teil nur einfach verglast, die Räume beheizten Holzeinzelöfen, die Warmwasserbereitung erfolgte elektrisch und die haustechnischen Installationen waren stark veraltet. Die Erhaltung, Umnutzung und Instandsetzung schien grenzwertig, zumal die betonierten Einbauten aus den 60er- und 70er Jahren zurückgebaut werden mussten. Und außerdem war die Raumhöhe viel zu niedrig. Petra Weissenhorn wollte auf das Grundstück einen modernen Bungalow bauen. Das Landratsamt lehnte dies ab, weil das Grundstück im Außenbereich liegt. „Ich musste mir was Neues suchen“, erinnert sich Weissenhorn.
Mit der Dorferneuerung kam sie dann doch „in die Spur“. Mit Unterstützung von Bürgermeisterin Christa Bail wurde das Anwesen nachträglich ins Fördergebiet aufgenommen. Architekt Michael Felkner habe ihr in allen Bereichen von der Planung bis Beantragung von Fördermitteln zur Seite gestanden. Eine Bauleitung vor Ort war mit ihm sichergestellt. „Meine anfängliche Skepsis hat sich bald gelegt, so langsam konnte ich mich nach und nach mit dem Projekt anfreunden“, so Weissenhorn. Ihre Bedingung, das Bauprojekt in zwei Phasen durchzuziehen, wurde erfüllt. So war das Anwesen während der Bauphase immer bewohnt. Zunächst wurde ein Teil des alten Stalles umgebaut. Nach einer halbjährigen Bauphase war der ehemalige Stall bewohnbar, teils provisorisch, aber war alles da, blickt Petra Weissenhorn heute zurück. Gleich danach wurde das ehemalige Wohnhaus saniert. Zehn Monate dauerte es. Die Bauherrin hat die Sanierung nicht bereut. Bauoberrat Manuel Weigele vom Amt für Ländliche Entwicklung Schwaben spricht von einem gelungenen Projekt. „Es ist ein Musterbeispiel, wie man ländliche Baukultur erhalten kann“, so Weigele.
Als eine hervorragende Maßnahme zur Stärkung der Innenentwicklung bezeichnet Weigele ein weiteres Projekt in Westerheim. Eric und Anna Haltenberger haben das Wirtschaftsteil eins ehemaligen innerörtlichen Anwesens zu Wohnzwecken umgebaut. „Vorbildlich“ gerät der Experte ins Schwärmen. Das Anwesen ist ungefähr 60 Jahre alt. Der ursprünglich bewohnte Teil des Bauernhofes ist wesentlich älter und wurde ebenfalls umfassend durch die Eltern von Anna Haltenberger renoviert. Zum ehemaligen landwirtschaftlichen Gebäudeteil gehörten die Tenne, Futtersilos und der Schweinestall. Jetzt dient es als Wohnraum für eine Familie mit Garage, Lagerräumen und Werkstatt. Der Umbau zur Wohnung dieses Gebäudeteiles hatte für Familie Haltenberger einige Beweggründe. „Die ungenutzte Fläche war im Familienbesitz, die Bausubstanz war in einem guten Zustand, wir freuten uns auf die Nähe zur Familie und eine schöne Umgebung“.
Für Familie Haltenberger war der Ausbau auch aus ökologischen Gesichtspunkten sinnvoll. „Wir suchten dann gezielt nach Fördermöglichkeiten, über einen Flyer wurden wir auf die Dorferneuerung aufmerksam“, so Eric Haltenberger. In enger Abstimmung mit dem Krumbacher Amt und mit der Architektin Birgit Waiser ging es dann an den Umbau. Zwei Futtersilos sowie der Innenraum des Schweinestalles samt Bodenplatte und Betondecke wurden abgerissen. Weitgehend wurde das Gebäude entkernt, Fensteröffnungen eingebracht und Wände in Holzständerbauweise eingezogen. Mit der entsprechenden Dämmung wurde ein KfW 55 Standard erreicht. Nach zweieinhalb Jahren Planung, Vorbereitungsphase und Bautätigkeit ist das Projekt fertig. „Wir haben selbst ordentlich mit Hand angelegt. Die Arbeit ist noch nicht ausgegangen, es gibt immer noch was zu tun. Wir würden es auf jeden Fall wieder so machen“, so Eric Haltenberger.
Bürgermeisterin Christa Bail zeigt sich ebenfalls begeistert. „Das ist Dorferneuerung in Reinkultur und hat hoffentlich noch viele Nachahmer. Beide Projekte sind sehr gelungene Beispiele für eine nachhaltige Sanierung von Bestandsgebäuden“, so die Rathauschefin und stellte fest, dass in Westerheim die beiden Beispiele äußerst positiv wahrgenommen werden. Die Gemeinde Westerheim stehe mitten im Dorferneuerungsprozess, somit können noch viele öffentliche und private Maßnahmen verhindern, dass die Ortskerne und ortsprägende Bauten aussterben.